01.01.2021


Radau!: „Weihnachten mit Radau!“



Garantiert blockflötenfreie Weihnachtslieder



Nach zehn Jahren als Rockband für Kinder haben auch Radau! 2016 ein Album mit Weihnachtsliedern veröffentlicht. Ihr künstlerischer Ansatz ist dabei so naheliegend wie konsequent: Auch bei dieser Produktion lassen die vier Hamburger Musiker die Finger von der Blockflöte und greifen zu ihrem bewährten Instrumentarium, das sich auf akustische wie elektrische Gitarren, Schlagzeug und Bass beschränkt. In dieser Aufstellung bescheren sie ihren Hörer*innen einen Mix aus Eigenkompositionen und traditionellen Weihnachtsliedern.

Fangen wir mit letzteren an und benennen damit auch gleich den Schwachpunkt der Platte. Denn auf den Versuch, Weihnachtslieder wie „Es ist für uns eine Zeit angekommen“, „Stern über Bethlehem“ oder „Kommet ihr Hirten“ neu zu interpretieren, hätte die Band definitiv verzichten können. Die Arrangements klingen wenig inspiriert und bereichern die Platte kaum. Daran ändert auch der mehrstimmige Gesang nichts. Für solche Experimente scheinen traditionelle Weihnachtslieder einfach nicht geeignet. Mit „In der Weihnachtsbäckerei“ wagen sich Radau! auch an einen Kindermusik-Klassiker und bemühen sich redlich, ihm moderne Facetten hinzuzufügen – leider ohne Erfolg. Zum Glück machen diese vier Lieder aber nur einen Bruchteil des gesamten Albums aus.

Deutlich besser klingt „Weihnachten mit Radau“ immer dann, wenn sich die Band auf ihre ureigene Qualität besinnt: Die Komposition von rockig-poppigen Kinderliedern mit eingängigen Melodien. Ihre große Stärke liegt darin, völlig uneitel die Perspektive von Kinder einzunehmen. Gerade Weihnachts- und Winterlieder bieten für diesen Ansatz eine Fülle von Themen, die in den meisten Songs zuhauf aufgegriffen werden. Lieder wie „Weihnachtszeit“, „Wenn das Glöckchen läutet“ oder „So viel Heimlichkeit“ besingen die aufgeregte Ungeduld während der Weihnachtstage. Wer als Kind jemals einen Wunschzettel geschrieben hat, wird sich bei „Wie viele Wünsche“ garantiert daran erinnern, wie aufregend dieses Ritual war. (»Wie viele Wünsche hat jedes Kind / wie viele Wünsche die erlaubt sind.«) „Geschenke sind toll“ bringt ohne Umschweife auf den Punkt, was jedes Kind denkt: »Geschenke sind toll, Geschenke sind wundervoll.« Mit Klavierbegleitung schlägt „Sind die Lichter angezündet“ vergleichsweise besinnliche Töne an und mit Ohrwurm-Potential beklagt „Dieser eine Tag“, dass die Weihnachtstage im Kreis der Großfamilie viel zu schnell vorbeigehen. „Rodeln“ ist eines der wenigen Lieder das sich nicht explizit auf die Feiertage bezieht, sondern im Uptempo und mit viel „Schalala“ von den Vorzügen der kalten Jahreszeit erzählt: »Wenn ich den Abhang runter flitz / bin ich schneller als der Blitz.« Von solchen Liedern hätte die Platte durchaus noch ein paar mehr vertragen.

Fazit: Rein musikalisch sind Radau! mit diesem Album unter ihren Möglichkeiten geblieben. Bei vielen Arrangements hätte sich die Band etwas mehr Mühe geben können, manche Songs kommen nicht so richtig in Fahrt und stellenweise scheint Frontmann Arne Gedigk mit dem Konzept der Platte regelrecht zu fremdeln. Rockband-Image und Besinnlichkeit lassen sich eben nur schwer unter einen Hut bringen. Hoch anzurechnen ist der Band dagegen, dass sie bei der klanglichen Umsetzung konsequent auf jede traditionelle Anmutung verzichtet. Für die ein oder andere Familie dürfte genau dieses Konzept eine willkommene akustische Abwechslung während der Feiertage sein.

Erschienen bei


German Wahnsinn

Veröffentlicht


2016

Bewertung der Redaktion: 3/5


Künstler*in



Bandfoto RADAU!

Radau!

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